Einstein-Syndrom

2.                         Hintergrund

 

"Wenige sind imstande, von den Vorurteilen der Umgebung

abweichende Meinung gelassen auszusprechen.

Die meisten sind sogar unfähig,

überhaupt zu solchen Meinungen zu gelangen."

 

 

Hat man einmal verstanden, wer diese Menschen sind, wird man sie überall wieder erkennen. Menschen, die man für sensibel, verträumt, schusselig, ungeduldig, überdreht und chaotisch, aber auch überaus kreativ und einfühlsam hält. Menschen, von denen man weiß, dass sie mehr erreichen könnten, wenn sie sich zusammenreißen würden. Menschen, die man in der Schule und im Berufsleben als getriebene und unberechenbare Persönlichkeiten kennen gelernt hat, Menschen, die es bis in die höchsten Positionen geschafft haben und doch unorganisiert und unzuverlässig sind.

Doch viele der erwähnten Charaktereigenschaften sind uns allen geläufig. Deshalb sollte man dem speziellen Bewusstsein dieser Menschen unbedingt einen Namen geben, um es vom Bewusstsein der restlichen Bevölkerung zu unterscheiden und abzugrenzen. Dies lässt sich am besten durch die Verbindung mit einer bestimmten Persönlichkeit bewerkstelligen.

 

Albert Einstein war eine Persönlichkeit, die zu jenen anders denkenden Menschen mit diesem speziellen Bewusstsein gehörte. Die meisten Menschen zählen Einstein zu den herausragenden und intelligentesten Menschen des letzten Jahrhunderts. Seine Relativitätstheorie veränderte die Physik grundlegend. Noch heute gilt er als Maßstab für Begabung und Intelligenz. Man sagt, er sei seiner Zeit voraus gewesen.

Wenn Einstein aber nun doch nicht so überdurchschnittlich war? Was wäre, wenn er lediglich seine Umwelt anders wahrgenommen und verstanden hat? Wenn er über eine Art zu Denken vermochte, zu der nur ein kleiner Teil der Menschheit überhaupt fähig ist.

 

Es ist sicherlich überheblich über die Lebensart und Denkweise einer solch bekannten und großen Persönlichkeit zu urteilen und diese auch noch zu kategorisieren. Und gerade weil diese Persönlichkeit eben so berühmt und vor allem bedeutend war, wird es immer Stimmen geben, die eine solche Überzeugung stets anzweifeln. Doch man kann wohl nur als Betroffener wirklich darüber mutmaßen und entscheiden, ob eine Persönlichkeit in ein solch koexistierendes Bewusstseinsschema passt. Ich musste sehr gründlich recherchieren, bevor ich diese Meinung festigen konnte und halte nun aus tiefster Überzeugung an ihr fest.

 

Ich wählte Einstein nicht aus dem Grund, weil er als so besonders begabt galt, weil man ihn so sehr schätzte, oder er so wichtig für die Physik und das Voranschreiten der Technologie war. Und erst recht nicht, wegen seines Ruhmes. Nein, ich wählte Einstein anhand seiner Biographie, weil man an seiner besonderen Ausdrucksweise, seiner Aufmerksamkeit für die kleinen Details im Hintergrund, die den meisten Menschen entgehen, seinem liebeswerten Charakter und besonderen Charme, seiner Auffassung, seiner Art zu denken, und seiner ständigen Kritik an der Menschheit und sich selbst leicht erkennt, wie Einstein seine Umwelt erlebt hat. Und aus genau diesen Gründen habe ich mich in meiner Arbeit für die durchaus würdige Bezeichnung

 

EINSTEIN-SYNDROM

 

entschieden. Zwar wird der Begriff "Syndrom" in der Medizin für das Vorliegen mehrer Symptome (Krankheitszeichen) verwendet, doch stammt das Wort ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet "syn" für "zusammen" und "dromos" für "Lauf". Ich verwende den Begriff als Synonym für den Zusammenlauf von Einsteins Verhalten und Denkweise zu einer gesamten Lebensart. Er soll in keiner Weise ein negatives Licht auf diese großartige Persönlichkeit werfen.

 

Ich selbst habe das Einstein-Syndrom seit ich denken kann. Schon in meiner Jugend hat mich die Denkweise von Menschen wie Albert Einstein fasziniert und motiviert. Doch werden wir durch die gesellschaftlichen Pflichten, Gebräuche und Verhaltensregeln, denen wir seit unserer Kindheit ausgesetzt sind, in ein Schema gezwungen, dass nicht unserer natürlichen Verhaltensweise entspricht und viele von uns zu gebrochenen Menschen und Kleingeistern formt.

 

Menschen mit dem Einstein-Syndrom sind von Natur aus Freidenker und Querdenker. Wir sind hoch intuitiv und vorstellungsbegabt. Wir haben ein Gefühl für Dinge, eine Art, die Ursache von Dingen sofort verstehen zu können, während die Anderen ihren Weg auf methodische Art durchdenken müssen. Es ist wichtig für andere, gegenüber diesem "Sechsten Sinn", den wir haben, verständnisvoll und tolerierend zu sein. Das Syndrom ist eine Lebensgestaltung, und bis vor kurzem war es versteckt, auch vor denen, die es haben. Das menschliche Erleben des Einstein-Symdroms ist mehr als eine Sammlung von Symptomen.

 

Das Syndrom ist eine Art zu leben.

 

 

 

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Einstein-Syndrom 2012-12-21  |  Copyright © 2014 Dirk Lostak