Einstein-Syndrom

15.                        Diskretion

 

„Wenn a für Erfolg steht, gilt die Formel a = x + y + z;

x ist Arbeit, y ist Spiel, und z heißt Maulhalten.“

 

 

Das mühevollste am Einstein-Syndrom ist neben einer kontrollierten Aufmerksamkeit die Selbstbeherrschung, insbesondere, wenn es um die Verschwiegenheit geht.

 

Wir empfinden stets das Bedürfnis, Neuigkeiten immer gleich mitzuteilen und können nur sehr schwer etwas für uns behalten, vor allem wenn diese Information sehr aufregend oder interessant ist und noch viel mehr, wenn es dabei um andere Personen geht. Egal ob positive oder negative Nachrichten, man erfährt bei der kleinsten Nachfrage von uns gleich alles.

 

Die Nachricht beginnt meist mit den Worten: „Ich darf es eigentlich niemanden erzählen, daher musst du es für dich behalten…“

 

Wir sind die Nachrichtenverbreiter dieser Welt, selbst wenn es nur um ein Gerücht geht. Uns fällt es überaus schwer sich zu kontrollieren. Niemanden von einer Idee oder einem Geheimnis erzählen zu können, macht uns sehr nervös und unruhig. Nur wenn es uns persönlich betrifft, etwas sehr unangenehm ist, oder wir mit gravierenden Konsequenzen rechnen müssen, fällt uns das Schweigen etwas leichter.

 

…Doch wer mich etwas fragt, sollte keine Antwort scheuen…Unwahrheiten sind mir ein Gräuel…(Ryffel-Rawak [64], S. 92)

 

Viele Einstein-Syndrom-Menschen schleudern stimmungsabhängig die intimsten Angelegenheiten, Erfahrungen, Gefühle und Geheimnisse in die Umwelt. Auch die eigenen. Vielleicht ist es die Aufmerksamkeit bei unseren Mitmenschen, die wir suchen, das Feedback, eine Bestätigung, oder einfach nur Verständnis und Trost. Uns ist selten etwas wirklich peinlich, wenn sich unsere Mitmenschen nicht darüber lustig machen. Man kann von uns alles erfahren, und am ehesten, wenn man uns selbst etwas Persönliches anvertraut.

 

…Ich besaß keine Kontrolle – weder über die Sprechgeschwindigkeit noch über die Dauer der Gespräche noch – und das ist das Schlimmste – über die von mir ausgewählten super-peinlichen Themen…

(Ryffel-Rawak [76], S. 129)

 

Dabei wäre es so wichtig, dass wir vertrauliche Informationen für uns behalten, denn Verschwiegenheit ist in der Gesellschaft sehr von Bedeutung. Nicht bloß in zwischenmenschlichen Beziehungen, sondern auch im beruflichen Alltag. Im Geschäftsleben wird von einem Arbeitnehmer erwartet, dass er mit vertraulichen Daten des Geschäftes dementsprechend umgeht. Im Privatleben dagegen besteht Diskretion größtenteils aus Vertrauen und Respekt. Gewisse Informationen sind nicht für die Allgemeinheit bestimmt, sondern werden nur in einem beschränkten Kreise ausgetauscht:

 

…Unter der wissenschaftlichen Leitung von J. Robert Oppenheimer startet in den USA im Herbst 1941 das ››Manhatten-Projekt‹‹ zur Entwicklung der Atombombe … Obwohl mehr als 100 000 Menschen in den gesamten USA am Manhatten-Projekt, dem bisher gewaltigsten Unternehmen der Wissenschaft- und Technikgeschichte, beteiligt sind, erfolgt die Arbeit unter höchster Geheimhaltung und Abschottung. Nur absolut zuverlässige Mitarbeiter werden eingeweiht und vereidigt. An Einsteins Mitwirken ist schon aus diesem Grund nicht zu denken, denn er gilt als unsicherer Kandidat… (Strauch [54], S. 235)

 

Wir handeln dem als vertrauenswürdige Person meist zuwider. Deshalb wird uns unsere Offenheit gegenüber anderen Menschen oft zum eigenen Verhängnis, wenn sich Vertrauensbrüche mit beruflichen Konsequenzen oder zwischenmenschlichen Konflikte aus Meinungsoffenbarungen ergeben. Daher ist es sehr entscheidend, dass wir lernen uns zu kontrollieren.

 

Einsteins Begründung zur Ablehnung der israelischen Präsidentschaft:

…››Wenn ich Präsident wäre, würde ich dem israelischen Volk manchmal Dinge sagen müssen, die die Menschen nicht gern hören würden.‹‹… (Strauch [55], S. 257)

 

Auch persönliche Informationen können von den Anderen zu ihrem Vorteil ausgenutzt werden. Wenn persönliche Fähigkeiten, Ideen und Innovationen einem zu seinem eigenen Vorteil verhelfen sollen, dann ist eben jene Verschwiegenheit zu allen Mitmenschen umso mehr von Bedeutung.

 

…Etwas mehr Diskretion ist manchmal von Nöten, um sich nicht selber zu schaden… (Ryffel-Rawak [65], S. 92)

 

Zum Erfolg gehört in erster Linie die fleißige und ausdauernde Arbeit. Für uns nicht gerade eine unserer Stärken. Was aber letztendlich zum erlangen des Erfolgs führt, ist das Schweigen über diese Arbeit bist zu ihrem endgültigen Abschluss. Nicht zuletzt, weil jede Kritik, das Unverständnis, oder Gelächter von Mitmenschen über diese Arbeit uns in unserer eigenen Überzeugung negativ beeinflussen kann oder die Motivation zur Ausarbeitung sogar vollständig aussetzt. Es ist unser mangelndes Selbstvertrauen, das dies bewirkt.

 

Ein sehr gutes Beispiel dafür ist diese Arbeit. Diskretion war hier die mühevollste Notwendigkeit zum Erfolg.

 

 

 

zurück                                                                                                            weiter


Einstein-Syndrom 2012-12-21  |  Copyright © 2014 Dirk Lostak